Mindestens eines seiner Bücher ist Pflichtlektüre für alle, die sich, ob als Gestalter, Planer oder Wissenschaftler, mit dem Thema der Landschaft beschäftigen: Hansjörg Küsters Geschichte der Landschaft in Mitteleuropa ist ein Glücksfall der Wissensvermittlung. Nun will der Biologe seine Kenntnisse in größere Dimension einbinden. In seinem neuesten Buch “Die Entdeckung der Landschaft” skizziert er, was er gerne als Landschaftswissenschaft etablieren würde. Dabei geht es darum, einen umfassenden wissenschaftlichen Zugang zur Landschaft zu finden. Mit geschichtlich fundiertem Wissen über die Entstehung der uns heute geläufigen Landschaftsformen sowie ihren Bedeutungen für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Zusammenhänge soll Landschaft weniger emotional behandelt und weniger beiläufig gestaltet werden. Verschiedene Disziplinen sollen in einem Lehrgebäude zusammengeführt werden, Kunstgeschichte, Geschichts- und Naturwissenschaften, Ökologie und Wirtschaftswissenschaften etwa, mit dem Ziel, gelassener mit Veränderungen und gängigen Wahrnehmungsschemata umzugehen, den Blick anstatt auf vermeintliche Bedrohungen (etwa die Verwandlung lieb gewonnener Landschaftsbilder) auf die tatsächlich existenziellen zu richten. Die Notwendigkeit und Plausibilität eines solchen Ansatzes belegt Küster gut verständlich mit all seiner Kompetenz und Souveränität – und schließt ein, was so manchem Wissenschafter ein Gräuel sein dürfte, diese Wissenschaft dem Diskurs mit dem Laien zu öffnen.

Etwas irritierend sind die Ausführungen Küsters allerdings vor allem deswegen, weil sie nicht das reflektieren, was bereits in die Richtung weist, die er vorgibt. So haben etwa Häußermann, Siebel und Läpple bereits Zusammenhänge der Landschaftsentwicklung auf der Basis soziologischer, politischer und planerischer Leitbilder plausibel gemacht. Die Arbeiten von Wolfgang Scheppe über Venedig wären ebenfalls als beispielhaft dafür zu nennen, dass auch in der Verknüpfung von Sozial- und Kulturwissenschaften sowie gestalterischen Disziplinen die Notwendigkeit interdisziplinärer Ansätze erkannt werden. Ein weiterer Beleg ist die neue Reihe “Landscript”, die von Christoph Girot und Fred Truniger herausgegeben wird und deren erster Band nun erschienen ist. Unter dem Titel “Landscape, Vision, Motion” werden Zugänge zum Landschaftsbild über Wahrnehmungsroutinen des Alltags und Codierungspraktiken von Planern und Architekten gesucht. Der Titel macht deutlich, dass zu den tradierten Methoden, etwa der Kartographie, die Bewegung neu und anders in den Diskurs über Landschaft eingebunden werden sollte. Dabei kann der Film als Erfassungsmedium dienen, so wie auch Kinofilme als Gegenstände der Analyse Aufschluss über unser Verständnis von Landschaft geben können. […]